Textiltechnologie in die Bekleidung einbinden: die Arbeit von Lionnel Ducruet, Modellschneider und Schnittmustermacher für Horse Pilot
Bevor er sich der Entwicklung unserer Bekleidung widmete, arbeitete Lionnel Ducruet 25 Jahre lang für Eider… In enger Zusammenarbeit mit dem Produktentwicklungszentrum setzt er heute sein Know-how für die Marke Horse Pilot ein. Wir verdanken ihm die in unserer Bekleidung enthaltene Textiltechnologie. Wollen Sie mehr über seinen Werdegang erfahren? Dann wird Sie Folgendes interessieren.
Vom Lager an den Werktisch: eine Karriere, die vor Ort begann.
Horse Pilot: Berichte uns von deinem Werdegang…
Lionnel Ducruet: Mein Werdegang ist ziemlich arbeitsreich… Ich fange von vorne an, damit Sie die ganze Geschichte erfahren. Meine Mutter war Lehrerin. Mein Vater hat sich mit seinem Bruder zusammengetan, dem Gründer der Firma Eider. Er ist technischer Direktor. Ich bin ein ziemlich guter Schüler, bis ich bemerke, dass ich mich nicht anstrengen muss, um schulische Erfolge zu haben.
Ich pauke immer weniger, bis ich vor dem schulischen Misserfolg stehe. Meine Eltern waren nicht wirklich erfreut… Sie sagten sich, dass mir in der Realität der Arbeitswelt schon die Flausen vergehen würden. Mein Vater schickte mich also zum Verpacken und Einräumen der StoffrollenStoffrollen in dem von ihm geleiteten Betrieb. Anstatt dass mir dies eine Lehre gewesen wäre und mich zum Lernen zu gebracht hätte, fand ich es gar nicht so schlecht.
Ich will nicht sagen, dass monatelanges Verpacken und Einräumen von Rollen lustig ist, wenn deine Freunde an der Uni sind und ihren Spaß haben! Aber mit der Zeit ließ mich mein Vater zwei, drei Dinge machen… Vom Modellentwurf, dem Design, später leitete ich die Produktion, als sich mein Vater zurückzog, die Vorräte… Ich habe irgendwie alles gemacht. Dann habe ich mich mit meinem Background als Modellschneider auf die Bereiche Produktentwicklung, Design, F&E konzentriert und wurde im Laufe der Zeit Leiter der Kollektion.
Eider war ursprünglich ein Familienunternehmen, das mehrmals von verschiedenen Konzernen gekauft wurde, bis zum letzten: Lafuma. Da bin ich dann gegangen, weil ich mit den damals getroffenen Entscheidungen nicht einverstanden war. Eider wurde zu einer Skimodemarke ohne Ahnung von technischen Produkten, während sich meine gesamte Ausbildung um das Produkt drehte.
Wirklich technische Produkte für Alpinisten herstellen, mit technologischen Innovationen, die in die Kleidung eingearbeitet werden. Ich sehe das Produkt ziemlich nüchtern; sich vertraut machen, wissen, wie man es verbessern kann, was man tun kann… Weniger in dem Bereich „Geschichten erzählen“: ich sage nicht, dass man das nicht tun muss, aber das ist nicht so ganz meine Sache!
Die Konfektionsware interessiert mich nicht wirklich. Ich begann für Horse Pilot zu arbeiten. Das Gute daran ist, dass mir Horse Pilot ermöglicht, die Technologien einzusetzen, sie einzubinden. Es gibt etwas Grundlegenderes bei der Kleidung, sie soll nicht nur gut aussehen. Ich finde Ehrlichkeit gut, wenn man in der Textilbranche arbeitet und Horse Pilot ermöglicht mir das technische Wissen im Bekleidungsbereich umzusetzen.
HP: Du hast vom Modellentwurf gesprochen. Woraus besteht dieser genau?
LD: Anfangs ist die Modellierung der Schneider, derjenige, der die Maßarbeit machte. Später ging man zur Konfektion über, daher musste man „normieren“. Bekleidung machen, die keine Maßarbeit ist. Der Modellschneider betreut das alles; bei technischer Bekleidung muss der Modellschneider nicht nur Schönes machen – es mag welche geben, die das gerne tun: am Unbestimmten arbeiten, Kleider machen usw. Ich mache gerne etwas Schönes, aber was mich antreibt, sind die technischen Einschränkungen.
Modelle entwerfen heißt, die Form der Kleidung zu machen. Die Kleidung formen, ihr einen Look, Funktionen usw. geben. Du bringst Taschen und Details an, machst sie bequem und praktisch! Das ist das Interessante: Kleidung zu machen, die sympathisch ist UND Bewegungsfreiheit gibt… Für Bergtouren sind das die Armbewegungen, beim Reiten hast du eine bestimmte Haltung, daher gibt es eine Vorformung, eine besondere Dehnfähigkeit usw.
Mit Modellierungskenntnissen kann man von dir verlangen, Technologien in die Kleidung einzubauen. Du verstehst das, was du an der Form der Kleidung ändern musst, um ein Element integrieren, eine Kapuze ändern zu können, ob klein oder groß, damit sie sich an die Reitkappe anpasst… das ist der Modellentwurf.
Du kannst einen Betrieb damit beauftragen oder du sagst einem Betrieb genau, was du geändert haben möchtest, damit kannst du viel genauer sein. Die Basis meiner Arbeit war Schnittmustermacher und Modellschneider, das hilft mir jeden Tag bei Horse Pilot, um die Kleidung verändern zu können, sie technischer, sympathischer zu machen und mit den Partnern (Lieferanten, Herstellern… Anm.v.HP)besser kommunizieren zu können.
HP: Du hattest in deiner Laufbahn Gelegenheit, Teilnehmer an Expeditionen wie Mike Horn auszustatten. Kannst du uns davon erzählen?
LD: Solange es einen Bereich betrifft, den ich kenne – den Outdoor-Bereich – kann ich das machen. Wenn du jemanden ausrüstest, der etwas Außergewöhnliches macht, sei es einen Bergsteiger, der den Everest besteigen oder monatelang in einer Wand verbringen will, dann habe ich diese Art von Dingen nicht betrieben. Daher bist du verpflichtet, mit einem technischen Berater oder einem Spitzensportler zusammenzuarbeiten und wirst seine Erwartungen erfüllen.
Du machst die Kleidung, die ihm perfekt passt. Ich habe immer genau die Kleidung gemacht, die eine Person wollte. Dann nimmst du diese Kleidung und wandelst sie in die Version „für das breite Publikum“ um, indem du ganz besondere Dinge entfernst und das Interessante beibehältst. Es ist ein bisschen wie in der Formel 1: es gibt einige Technologien, die von der Formel 1 auf normale Autos übertragen werden, aber nicht alle. Das ist das Prinzip. Durch die Arbeit mit technischen Beratern, die extreme Dinge tun, habe ich viel gelernt. Manchmal bringt es mir gar nichts, weil es zu hochspezialisiert ist und manchmal ermöglicht es mir, besser nachzudenken.
Die Wärmeregulierung zum Beispiel; wie funktioniert der Kampf gegen äußere Einflüsse, wenn es regnet und kalt ist, wenn die Feuchtigkeit verschwindet, es jedoch extrem kalt ist, sollte man nicht besser die Feuchtigkeit an einer Stelle gefrieren lassen und das Eis dann zerschlagen, du siehst, es gibt Dinge, die nichts bringen, man kann sie nicht in Kleidung für das breite Publikum übertragen, andere dafür schon.
HP: Du bist kein Reiter, was machst du, um zu wissen, was du genau tun musst?
LD: Ohne das Entwicklungsteam von Horse Pilot geht gar nichts. Guillaume und Marion (Produktentwicklungszentrum bei HP) erheben den Bedarf und die Vorlieben für die Kleidung. Wir sprechen zum Beispiel über Stretchgewebe, das aber zugleich widerstandsfähig ist: zuerst diskutieren wir darüber, dann nutze ich mein Wissen. Denn ob es das Reiten oder ein anderer Sport ist; wir haben es immer mit einer Outdoor-Sportbetätigung zu tun; da gibt es Bewegung, du musst gegen die Elemente kämpfen; manchmal ist dir zu warm, ein anderes Mal zu kalt, du musst Schweiß ableiten.
Der Schutz vor äußeren Einflüssen und das körperliche Wohlbefinden sind in allen Sportarten ein Thema: vom Laufen bis zur Polarexpedition, bei der du diese verschiedenen Phasen managen musst. Beim Bergsteigen ist es das gleiche. Reiten ist ein Sport im Freien, daher geht es um Komfort, Ergonomie, Schutz vor Witterungseinflüssen, Wärmemanagement und Feuchtigkeitsausgleich. Auch um Dehnungsfähigkeit für die Reithose, Abriebfestigkeit… Dann triffst du deine Auswahl.
Wenn man von mir verlangt, dass das Kleidungsstück eine Jacke mit drei Schichten ist, die am Oberschenkel mit einem Befestigungssystem anliegen soll, liegt die Komplexität darin, wie ich es anstelle, dass dieses System an einer Jacke mit 3 Schichten haltbar ist, dicht bleibt, gut aussieht.
Ich habe nicht das Wissen um zu sagen „der Reiter braucht das“, deshalb sagt man mir „der Reiter braucht das, wie können wir das machen?“
Technische Zeichnungen: Bearbeitung von Material und dichten Reißverschlüssen